19. Episode: Das Grundbuch

Shownotes

Neulich erzählte mir ein Kunde, dass er „eigentlich beinahe“ ein Haus gekauft hätte. Eigentlich- beinahe? Ich schaute etwas verunsichert und dann bekam ich die unglaubliche Geschichte des „eigentlichen beinahen“ Hauskaufs erzählt. (Hätte der Kunde tatsächlich gekauft, hätte ich ihn nicht kennengelernt und die „eigentlich beinahe“ Geschichte hätte ich nie zu hören bekommen).

Ich muss hier aus Zeitgründen die Geschichte raffen, aber so viel: als man nach langen Verhandlungen endlich beim Notar saß, bekam der Kaufinteressent den Grundbuchauszug ausgehändigt, der ja auch im Kaufvertrag aufgeführt war, aber vom Interessenten in seiner ganzen Kaufeuphorie überlesen wurde. Da er nicht finanzierte, hatte er auch keinen weiteren Berater, der ihn auf den Inhalt hätte hinweisen können.

Kurz und gut: im Grundbuch war ein Wohnrecht für eine noch lebende Person eingetragen und der Notar erläuterte dann pflichtbewusst, was es mit dem Wohnrecht auf sich hätte.

Der Kaufinteressent traute seinen Ohren nicht, was ihm da erzählt wurde - lange Rede, kurzer Sinn: der Kauf kam schlussendlich nicht zu Stande.

Bei meiner Frage: „Haben Sie nicht vorher um einen Grundbuchauszug gebeten?“ zuckte der Interessent nur mit den Schultern.

Diese Geschichte im Hinterkopf dachte ich, vielleicht wäre das ein guter Aufhänger, um Ihnen das „Grundbuch“ etwas näher zu bringen, denn in der Tat: dem Grundbuch begegnet man unter Umständen nicht allzu häufig im Leben und weiß daher wenig bis gar nichts darüber.

Wenn Sie sich auch für historische Hintergründe interessieren, dann schlagen Sie doch einmal bei Wikipedia nach, da kann man die Geschichte und Entwicklung des Grundbuches nachlesen und wie ich finde, das ist auch sehr interessant.

Ich versuche Ihnen hier nun einen kurzen Überblick zu verschaffen, ohne Sie dabei in den Schlaf zu treiben:

"Was gehört wem und wie ist es (unter Umständen) für wen belastet"

Dieser Satz beschreibt prägnant die Funktion des Grundbuchs.

Bestands- Eigentums- und Belastungsverhältnisse an Grund und Boden sind durch öffentliche Bücher (zu denen zählt das Grundbuch) auszuweisen. Sie (die öffentlichen Bücher) genießen den sogenannten „öffentlichen Glauben“, was besagt, dass der Grundbuchinhalt als richtig und vollständig gilt, auch wenn er mit der wahren Rechtslage nicht übereinstimmt. Heißt: was im Grundbuch aufgeführt wird, hat (zunächst) Rechtsverbindlichkeit. Es wird beim Amtsgericht Abteilung Grundbuchamt geführt.

Aufbau des Grundbuchs:

Das Grundbuch unterteilt sich in das Titelblatt/Deckblatt, das Bestandverzeichnis und die Abteilungen I bis III

Das Titelblatt enthält die Angaben des Amtsgerichts: Grundbuchbezirk Nummer des Blattes Bescheinigung der Seitenzahlen des Bandes und evtl. Vermerke (Teileigentumsgrundbuch, Wohnungserbbaugrundbuch etc.)

Das Bestandsverzeichnis beschreibt das Grundstück hinsichtlich seiner Merkmale wie Gemarkung, Flur, Flurstück, Lage und Größe, Wirtschaftsart. Diese Daten entstammen dem Liegenschaftskataster.

Wenn Sie also wissen wollen, wie groß Ihr Grundstück ist und in welchem Flurstück es sich befindet, dann schauen Sie ins Grundbuch.

Im Bestandsverzeichnis können auch Vermerke über z.B. Wegerechte verzeichnet sein, die dem jeweiligen Eigentümer des im Bestandsverzeichnis aufgeführten Grundstücks an einem anderen Grundstück zustehen.

Und Sie finden im Bestandsverzeichnis die Spalten „Bestand und Zuschreibung“, die besagen, wie das Grundstück entstanden ist (durch Teilung oder Vereinigung mit einem anderen Grundstück) sowie „Abschreibung“, d.h. die Übertragung des Grundstücks(teiles) in ein anderes Grundbuchblatt“.

Haben Sie schon Ermüdungserscheinungen? Nun, es ist sicher keine Materie, die einem Politik-Thriller gleicht, aber man kann in einem Grundbuch einiges an Informationen herauslesen und die sind für Sie als Erwerbende/r wichtig.

Wenn Ihnen also jemand Zusagen über z.B. Geh- und Fahrrechte macht, dann checken Sie dieses erstmal mit dem Tatbestand im Grundbuch. Wo Sie das dann nachlesen können? In Abteilung II, gut gemacht :-)

Ich möchte vorweg schicken, dass bei Kauf bzw. Übergang auf einen neuen Eigentümer das Grundbuch entsprechend in den Abteilungen bereinigt wird. Häufig findet sich der Fall, dass die Erben eines Hauses z.B. nicht im Grundbuch als Eigentümer verzeichnet sind, sondern immer noch der verstorbene Eigentümer. Durch Nachweis der Veräußerungsberechtigung (Erbschein, Testament), kann der Verkauf dennoch vorgenommen werden und das Grundbuch entsprechend im Zuge des Verkaufes auf den neuen Eigentümer umgeschrieben.

Nun geht es bei den Abteilungen weiter:

Abteilung I dient zum Eintragen des Eigentümers und der Rechtsgrund des Erwerbs (also Auflassung, Erbfolge, Zuschlagsbeschluss im Versteigerungsverfahren).

Abteilung II enthält eine alle eintragungsfähigen Lasten und Beschränkungen. Auch werden hier das Eigentum betreffend Vormerkungen eingetragen (z.B. Auflassungsvormerkung zur Sperrung des Grundbuchs zu Gunsten eines Käufers. Hier hätte auch der Käufer aus meiner Eingangsgeschichte Teil 1 das Wohnrecht für die bestimmte Person gefunden.) Hier können Sie also Wohnungsrechte, Nießbrauch aber auch Geh,- und Fahrrechte finden.

In Abteilung III werden die Grundpfandrechte eingetragen, also Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, sprich die Abteilung gehört den Banken. Auch hier kann es sein, dass Hypotheken noch gelistet werden, die längst abbezahlt sind. Auch hier wird dann das Grundbuch durch den Notar Zug um Zug gelöscht.

Wenn Grundbucheintragungen gelöscht werden sollen, dann werden diese rot unterstrichen, das nennt man auch „Rötung“. Sieht man auf S/W Kopien nicht. Wenn es also unterstrichen ist, dann ist das Recht oder der Eintrag gelöscht.

Wer darf aber nun in das Grundbuch Einsicht halten?

Zur Einsicht in das Grundbuch ist berechtigt, wer ein „berechtigtes Interesse“ darlegt.

Beispiele für „berechtigtes Interesse“ sind Erwerb, also im Rahmen konkreter Vertragsverhandlungen dürfen Sie als Kaufinteressent in das Grundbuch Einblick halten, damit Ihnen das nicht passiert wie dem Kunden aus meiner Eingangsgeschichte und Sie plötzlich mit einem Wohnrecht konfrontiert sind.

Nochmals kurz zusammengefasst:

Im Grundbuch finden Sie wichtige Informationen bezüglich Grundstück wie Größe, Flur und Flurstück sowie wer als Eigentümer eingetragen ist. Sie können eingetragene Rechte für 3. Personen herauslesen und sehen, inwieweit das Grundstück hypothekentechnisch belastet ist.

Wenn Sie in Kaufverhandlungen stehen, lassen Sie sich einen aktuellen Grundbuchauszug geben und schauen in die einzelnen Abteilungen, was dort eingetragen ist. Fragen Sie den Notar, wenn Ihnen Sachverhalte oder Inhalte unklar sind.

https://keil-immobilien.de/das-grundbuch-kein-buch-mit-7-siegeln/

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